Unter dem Titel „Methoden und Wege der Fachkräftegewinnung in der Praxis“ sollte es um praktische Perspektiven auf das Thema Fachkräftegewinnung in Thüringen und die Rolle der Weiterbildung gehen. Den Anfang machte Sylke Möder, Fachberaterin für Wirtschaftsförderung bei der Wirtschaftsförderagentur Region Saalfeld-Rudolstadt, mit einem Vortrag zu den Herausforderungen und Lösungsansätzen in Ost-Thüringen. Die von ihr vorgelegten Zahlen gaben einen düsteren Ausblick auf jene Herausforderungen, vor die uns der demographische Wandel stellen wird: Ca. 20.000 Personen allein im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, die heute zwischen 55 und 65 Jahren alt sind, werden in den kommenden 12 Jahren aus dem regionalen Arbeitsmarkt ausscheiden und nicht mehr oder nur noch bedingt als Arbeitskräfte verfügbar sein. Demgegenüber stehen lediglich ca. 9800 Personen, die voraussichtlich in den 12 kommenden Jahren in den Arbeitsmarkt eintreten werden. Die Wirtschaftsförderagentur hat verschiedene Formate entwickelt, um dieser Herausforderung zu begegnen. Besonders erfolgreich ist dabei die jährliche inKontakt Messe, auf der sich regionale Arbeitgeber potenziellen Auszubildenden präsentieren können. Ein Angebot, dass sich beidseitig großer Beliebtheit erfreut und jährlich wächst. Außerdem wurde mit dem SaaleCareer Karriere Portal eine Möglichkeit für ausländische Fachkräfte geschaffen, sich über aktuelle Job-Angebote zu informieren.
Direkt im Anschluss warf Bernd Lösche, Betriebsratsvorsitzender bei Opel-Eisenach, einen kritischen Blick auf bisherige Weiterbildungsbestrebungen in den Betrieben, auch im Hinblick auf die Fachkräfterekrutierung. Diese kämen regelmäßig zu kurz, da stattdessen oftmals der kurzfristigen Perspektive Priorität eingeräumt würde. Damit verbunden sei auch das Dogma, dass allein der Arbeitgeber für das Thema verantwortlich sei. Um diese festgefahrene Lage zu lockern, könnten vielfältig Strategien die Lösung sein. Angefangen bei einer Stärkung der Betriebsräte beim Thema Qualifizierung, solle auch über staatliche Förderungen von Qualifizierung in Form von Stipendien nachgedacht werden. Außerdem könne in äußerster Konsequenz auch überlegt werden, Abgabenzahlungen für Betriebe festzulegen, die ihre Qualifizierungsinfrastrukturen vernachlässigten. Die Verantwortung für innerbetriebliche Weiterbildung müsse endlich ernstgenommen werden und Akteure, die bereits aktiv und engagiert sind, gestärkt werden.
Am Ende beider Vorträge wurde zwei Seiten einer Medaille deutlich. Zum einen erwartet Thüringen eine riesige Herausforderung beim Fachkräftebedarf, der wahrscheinlich nicht gedeckt werden wird. Aber es gibt erfolgreiche Initiativen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegenansteuern. Zum anderen bestehen häufig erhebliche Hürden auf innerbetrieblicher Ebene, was Weiterbildung angeht und damit die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft in Frage stellt. Hier besteht noch erheblicher Handlungsbedarf, um die Zukunftssicherheit der Wirtschaft festigen.